Dr. Hermann Müller-Thurgau
Weinwissen
						Der Önologe Dr. Hermann Müller (Thurgau) und
die Rebsorte Müller-Thurgau 
(Riesling x Silvaner)

						MÜLLER-THURGAU, Müller Hermann, Dr. Dr. h.c., Prof., Direktor (1891−1924). * 21.10.1850 
						in Tägerwilen (Schweiz), † 18.1.1927 in Wädenswil (Schweiz). verh. 1881 mit 
						Berta Biegen aus Oestrich/Rheingau, 3 Töchter.  
Der 
						Pflanzenphysiologe Müller nannte sich selbst Müller-Thurgau. Sein Geburtsort 
						Tägerwilen liegt im Kanton Thurgau. Sein Vater führte eine Bäckerei und war 
						weitherum als "Büürlibeck" bekannt. Bürli sind kleine Semmel-Brötchen.
						Müller-Thurgau besuchte zuerst das Lehrerseminar in Kreuzlingen am Bodensee und 
						wurde 1869 als Lehrer an die städtische Realschule in Stein am Rhein gewählt. Er 
						bildete sich am Polytechnikum in Zürich weiter und schloss 1872 mit dem Diplom 
						eines Fachlehrers der Naturwissenschaften ab. Der bestbekannte 
						Pflanzenphysiologe dieser Zeit, Julius Sachs, lud ihn zur Zusammenarbeit nach 
						Würzburg ein und schon im Jahr 1874 promovierte Hermann Müller mit dem Prädikat 
						"Summa cum laude". Zwei Jahre später wurde Müller-Thurgau Professor und Leiter 
						des neu geschaffenen Institutes für Pflanzenphysiologie an der Preussischen 
						Lehr- und Forschungsanstalt für Wein-, Obst- und Gartenbau in Geisenheim.
1890 
						erhielt Müller-Thurgau das Angebot, eine schweizerische Versuchs- und 
						Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Wädenswil am Zürchersee zu 
						gründen. 1892−1924 war er zusätzlich Redaktor der Schweiz. Zeitschrift für Obst- 
						und Weinbau. Ehrungen: 1920 Dr. h.c. 
						Universität Bern, 1890 Ehrenmitglied des Deutschen Weinbauvereins.
Aus 
						Geisenheim liess er sich 1891 an die 150 der wertvollsten Sämlinge nachschicken 
						aus denen später die Müller-Thurgau selektiert wurde. 1894 wurden die ersten 
						zwei Reben des Sämlings Nr. 58 angepflanzt. Müller wurde dabei durch Heinrich 
						Schellenberg (1868-1967) unterstützt. Eine Neuzüchtung, die von der 
						Eidgenössischen Forschungsanstalt für Obst- und Weinbau in Wädenswil (Zürich) 
						vervollkommnet wurde.
Als 
						"Mutter" wurde Riesling und als "Vater" Silvaner angenommen. Deshalb auch die 
						Synonyme Riesling-Silvaner, Rivaner, Thorkes, Rizling-Szilváni etc. Müller 
						lehnte es immer ab, die neue Rebe Müller-Thurgau zu nennen. Aus diesem Grunde 
						wird die Traube in der Schweiz immer noch mehrheitlich unter Riesling x Silvaner 
						geführt. Erst nachdem der bayrische Züchter August Dern (1858-1930) um 1913 die 
						Rebe in Deutschland einführte, erhielt sie den Sortennamen Müller-Thurgau. 
						
Schon 
						Hermann Müller selbst war skeptisch gegenüber der Elternschaft. Es wurden später 
						immer mehr Zweifel an der Kombination Riesling x Silvaner laut. Die Kreuzung liess sich nie wieder nachvollziehen. 
						Eine Zeit lang nahm man sogar eine Selbstkreuzung Riesling x Riesling an.
Dr. 
						Ferdinand Regner, Klosterneuburger Weinbauschule in Österreich, klärte den 
						Sachverhalt 1998 mit einer gentechnischen Untersuchung. Dabei stellte sich 
						heraus, dass zwar Spuren von Riesling erkennbar sind, aber das Erbmaterial von 
						Silvaner fehlte. Anstatt dessen wurde Chasselas als möglicher Vater-Kandidat 
						festgestellt. Aber Wissenschaftler der Deutschen Bundesanstalt für 
						Züchtungsforschung im pfälzischen Siebeldingen konnten den Ahnennachweis noch 
						verfeinern. Sie erkannten die Rebsorte Madeleine Royal als Vater. Eine Züchtung 
						aus dem Formenkreis des Chasselas (Gutedel). 
						
Die "Müller-Thurgau"- Rebe ist eindeutig die erfolgreichste Neuzüchtung der Welt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurde sie in fast allen Weinbauländern der Erde verbreitet.
Hier einige 
						Neuzüchtungen, entstanden aus Kreuzungen mit der Müller-Thurgau:
Bacchus, Cantaro, Faberrebe, 
						Fontanara, Gloria, Goldriesling, Gutenborner, Kanzler, Muscabona, Optima, 
						Ortega, Perle, Regent, Reichensteiner, Schantl-Traube, Septimer, Tamara, 
						Thurling und Reichensteiner etc. Es sind auch Mutationen bekannt (z.B.Findling).
						
Bei der Müller-Thurgau handelt es sich um eine mittelkräftige, ertragsreiche Sorte, die leicht 100 hl pro Hektar erreichen kann. Die Wiederstandskraft gegen Falschen- und Echten-Mehltau und Botrytis ist gering. Die Rebe liebt nährstoffreiche Böden und kühle Lagen. Die Klimaansprüche sind gering.
Bei der Müller-Thurgau handelt es sich um eine mittelkräftige, ertragsreiche Sorte, die leicht 100 hl pro Hektar erreichen kann. Die Wiederstandskraft gegen Falschen- und Echten-Mehltau und Botrytis ist gering. Die Rebe liebt nährstoffreiche Böden und kühle Lagen. Die Klimaansprüche sind gering.
Die Blätter 
						sind mittelgross, 5-lappig und tief eingeschnitten; der Rand gesägt, die 
						Stielbucht überlappend. Die Traube ist eher gross, konisch und meist 
						geschultert.  
Der Wein 
						ist in der Regel von mittlerer Güte und sein Duft erinnert etwas an Muskat. Der 
						Muskatton ist aber bei Weinen aus wärmeren Lagen kaum mehr feststellbar. Die 
						Fruchtigkeit nimmt in Richtung Süden zu. Der Alkoholgehalt ist gut, die Säure 
						schwach - leichter bis mittelkräftiger Körper. Farbe: blass - bis hellgelb. 
						Aromen: grüner Apfel, Zitrone, Muskat, grüne Paprika. Die Müller-Thurgau-Weine 
						werden jung getrunken.  
Als 
						Riesling X Sylvaner ist Müller-Thurgau ist die Hauptrebsorte der 
						deutschsprachigen Ostschweiz. In dieser gemässigten Klimazone liefert er 
						elegante, aromatische Weine.
Hermann 
						Müller-Thurgau wurde zwar von der Natur etwas überlistet. Er war aber ein 
						Visionär und seine Arbeiten waren für Weinbau und Weinbereitung bahnbrechend. Er 
						war auch aktiv an der Erforschung der Rebstockkrankheiten tätig und konnte dabei 
						1903 den Erreger der Pilzkrankheit "Roter Brenner" identifizieren.